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"Куда идет мир? Каково будущее науки? Как "объять необъятное", получая образование - высшее, среднее, начальное? Как преодолеть "пропасть двух культур" - естественнонаучной и гуманитарной? Как создать и вырастить научную школу? Какова структура нашего познания? Как управлять риском? Можно ли с единой точки зрения взглянуть на проблемы математики и экономики, физики и психологии, компьютерных наук и географии, техники и философии?"

«Die Selbstorganisationsgesellschaft» 
Hermann Haken

In meinem Beitrag habe ich versucht, eine Alternative aufzuzeigen und als Zukunftsvision das Szenario der Selbstorganisationsgesellschaft zu entwerfen. Ist diese wunschenswert, wird sie realisiert werden, wird sie auf Dauer existieren konnen oder landet sie letztlich, wie ihr Gegenstuck, die sowjetische Planwirtschaft, auf dem Mullhaufen der Geschichte? Meine Antwort auf alle diese Fragen ist: Es kommt darauf an. Es kommt namlich darauf an, dass der Einzelne sich bewusst wird, dass er Teil einer Gesellschaft ist, die synergetischen Gesetzma?igkeiten gehorcht, und dass er entsprechend danach handelt. Der Burger muss von Kindheit an wissen, dass seine Einstellungen und Handlungen sich direkt und indirekt auf seine Mitmenschen auswirken, aber auch auf ihn selbst zuruckwirken, ja sogar zuruckschlagen, und wenn nicht gleich, dann doch spater. Jeder Einzelne tragt zu einem Kollektivverhalten bei, das wie ein Ordner wirkt und schlie?lich — ganz im Sinne der Synergetik — immer mehr Individuen in ihren Bann zieht, ja sogar, um es drastisch auszudrucken, diese in ihren Handlungen «`versklavt»‘. Ruckblickend lasst sich fur die Wirtschafttheorie sagen, dass die «`unsichtbare Hand»‘, die nach Adam Smith die Wirtschaft in einen Gleichgewichtszustand bringt, ein Ordner ist. Wenn, so ist eine vielzitierte Begrundung (oder Rechtfertigung) der freien Marktwirtschaft, jeder nach seinem Nutzen strebt, so kommt diese unsichtbare Hand zustande. Wie wir heute wissen, ist diese Gleichgewichtsthese viel zu eng, es gibt z.B. Wirtschaftszyklen, wie etwa den Schumpeterzyklus, oder Verhalten, das erst in der Chaostheorie verstandlich wird. Das alles ist aber nur die eine Seite des Wirtschaftsgeschehens. Die andere, viel fundamentalere Seite wird treffend durch eine Begebenheit aus dem alten Testament beleuchtet: In einer Gemeinde war es bei Hochzeiten ublich, dass die Gaste den Wein mitbrachten, zusammenschutteten und dann tranken. Die Gaste dachten nun, wenn jeder andere seinen Wein mitbringt und ich dann davon trinke, so genugt es, wenn ich Wasser mitbringe. So handelten dann alle, und am Schluss tranken alle Wasser. Der Leser wird bemerkt haben, dass dieses Beispiel sich als Parabel auf eine ganze Reihe von Fallen, die in diesem Artikel erwahnt wurden, anwenden lasst. Warum explodieren die Kosten bei Versicherungsleistungen im Gesunheitswesen? Insbesondere, weil eine nach den Gesetzen der Synergetik wachsende Zahl von Versicherten im Schnitt mehr herausbekommen will als sie einzahlen. Hier konnte nur eine drastische Selbstbeteiligung, ja in der Selbstorganisationsgesellschaft vielleicht sogar die vollige eigene Ubernahme der Kosten Abhilfe schaffen (in den USA nicht ungewohnlich!).
Wenden wir uns dem politischen Bereich zu. In Extremfallen, etwa lang andauernden Wirtschaftskrisen, hoher Arbeitslosigkeit, etc. kann das Vertrauen der Bevolkerung in den Staat oder in Parteien erschuttert werden, das System wird instabil mit der damit verbundenen Orientierungslosigkeit. Neue Ordner, oft von relativ kleinen Gruppen initiiert, bilden sich heraus, treten in Konkurrenz, schlie?lich gewinnt einer und bestimmt damit die neuen Verhaltnisse. Dies kann ein neues demokratisches System sein, aber auch eine schreckliche Diktatur. Insbesondere die Selbstorganisationsgesellschaft muss sich nach dem Wort: «`Wehret den Anfangen!»‘ richten. Jene furchtbaren Ereignisse, wie Naziregime, 2. Weltkrieg und Holocaust m\»ogen hier als eindringliche Mahnung dienen.
Immer wieder werden wir im Leben vor Weggabelungen stehen. Schlie? en wir uns der Menge an oder folgen wir unserem inneren Kompass? Angesichts der Globalisierung und des zunehmenden Nebeneinanders — sogar im raumlichen Sinne — von Religionen, wie auch deren Abwesenheit, f\»allt es vielleicht schwer, objektiv den richtigen Kompass zu besitzen. Mir personlich erscheint als ein gemeinsamer Nenner das Prinzip Verantwortung von Hans Jonas im weitesten Sinne als wesentlich. Eine menschenwurdige Selbstorganisationsgesellschaft kann nur dann auf die Dauer existieren, wenn jeder so handelt, als ware er in seinem Rahmen fur das Ganze verantwortlich.

Epilog

In meinem Beitrag habe ich versucht, ein Bild der Selbstorganisationsgesellschaft zu zeichnen, wie es sich aus einer Theorie der Selbstorganisationstheorie ableiten lasst. Dabei muss ich die Antwort offenlassen, ob eine derartige Gesellschaftsform im Detail realisierbar oder auch uneingeschrankt wunschbar ist. Auf jeden Fall wollte ich Denkansto?e zur weiteren Diskussion dieser fundamentalen Aspekte geben, wobei es immer wieder darum geht, die Interessen des Einzelnen gegen»uber denen der Gesellschaft abzuw»agen.

Literatur

H. Haken: Erfolgsgeheimnisse der Natur. Synergetik: Die Lehre vom Zusammenwirken. (rororo Sachbuch) 1995, Reinbek bei Hamburg